Indigene Volksgruppen in Costa Rica

In Costa Rica gab es nie eine blühende indigene Hochkultur, wie jene der Maya, Azteken oder Inka. Die Ureinwohner waren kulturell von Stämmen aus Zentralamerika und dem Norden Südamerikas (dem heutigen Kolumbien) beeinflusst. Die meisten Stämme Costa Ricas basierten auf Subsistenzwirtschaft, d.h. es wurde nur gejagt oder angebaut, was für den Eigenbedarf nötig war. Handel wurde nur sehr wenig betrieben. Die Stämme wurden von einem “Cacique” als Oberhaupt regiert und wohnten hauptsächlich in simplen Behausungen aus Holz und Palmblättern. Deshalb sind kaum archäologische Relikte permanenter Besiedlung zu finden. Eine Ausnahme bilden die berühmten Steinkugeln im Süden des Landes.

Als die spanischen Conquistadores im 16. Jahrhundert eintrafen, zogen sich viele Stämme in die Berge zurück. Auf diese Weise konnten sie dem spanischen Zwangssystem der Sklaverei und Besteuerung entgehen. Gerade in Costa Rica - so vermutet man - unterlag aber eine grosse Zahl von Einheimischen den aus Europa eingeschleppten Krankheiten (hauptsächlich Infektionskrankheiten). In anderen Ländern Lateinamerikas wie Guatemala oder El Salvador war vielmehr gezielter Genozid verantwortlich (und zwar bis ins 20. Jahrhundert). Heute gibt es in Costa Rica nur noch ungefähr 64’000 autochthone Einwohner (etwa 1.7% der Gesamtpopulation), welche hauptsächlich in Gebieten des Hochlands wohnen.

sphere, costa rica
Indigene Steinsphäre
indian palenque
Palenque Hütte
cabecare village, chirripo area
Cabecar Dorf

Probleme der indigenen Einwohner Costa Ricas heute

Bis Ende der 1970er Jahre war der Verlust von Land das Hauptproblem, mit welchem die Indios Costa Ricas konfrontiert waren.
Aus Geldmangel wurde oftmals auf Kredit in Läden von Nicht-Indigenen eingekauft. Wenn diese Kredite nicht bezahlt werden konnten, musste dafür das Land eingetauscht werden. Aus diesem Grund wurde 1977 das Gesetz zum Schutz der indigenen Völker erschaffen.
Ein weiteres Problem ist die Benachteiligung im Erziehungssystem. Der Staat arbeitet heute zwar intensiv daran, diese zu verbessern und auch die ursprüngliche Kultur der indigenen Völker in den Lehrplan zu integrieren. Aber Jahrhunderte kultureller Benachteiligung und Bevormundung können nicht in wenigen Jahren kompensiert werden. Zudem ist der Wille der Regierung, die Ureinwohner Costa Ricas als unabhängige Einheit zu respektieren, oftmals ein reines Lippenbekenntnis. Schliesslich ist die wirtschaftliche Einbindung der Ureinwohner problematisch, nicht zuletzt wegen der mangelnden Infrastruktur und der schlechten Bildung der autochthonen Einwohner.
Somit sind die “Indios” in Costa Rica durch zahlreiche Problemstellungen belastet und werden oft für ihre Traditionen als minderwertig betrachtet. Die Lehre ihrer ursprünglichen Sprachen an den Schulen ist ein wichtiger Schritt, aber es bleibt noch ein weiter Weg bis zur kulturellen Unabhängigkeit.

Gesetz zum Schutz Indigener Völker von 1977

Das Gesetz wurde Ende der 1970er Jahre geschaffen, um den zunehmenden Landverlust der indigenen Bevölkerung zu begrenzen. Diese war ungenügend gebildet (mit einem hohen Anteil an Analphabeten) und lebte hauptsächlich von der Landwirtschaft, welche starken Schwankungen unterlag. Eine schlechte Ernte konnte also den Verlust aller Mittel bedeuten. So wurde nach und nach das einzige Kapital, Land, an “Weisse” veräussert.

In der Realität konnte das so aussehen: Ein indigener Bauer hat kein Geld mehr und kauft sich Saatgut und Essen auf Kredit bei einem Latino-Händler im Dorf. Fällt die Ernte schlecht aus, wird er zahlungsunfähig und überschreibt dem Händler ein Stück Land. So wurden die Ureinwohner faktisch Schritt für Schritt enteignet. Genau diesem Prozess wollte das Gesetz einen Riegel schieben - was in der Realität aber nur eingeschränkt passierte.

  • In Artikel 3 des Indigenen Gesetzes (Nr. 6172) heisst es, dass Landbesitz in indigenen Reservaten nur für Einwohner indigenen Ursprungs möglich ist. Bodenbesitz kann also nur unter Indigenen weiterverkauft werden und alle Verkäufe, die vorher (an nicht-indigene) stattfanden, werden nichtig.
  • In Artikel 9 wird festgehalten, dass Indigene Reservate (die vom Institut für Landwirtschaftsentwicklung bestimmt werden) an die autochthonen Gemeinschaften übertragen werden müssen. Aber heute (2010) ist ein grosser Teil dieser Reservate immer noch in Fremdbesitz und manche Gebiete sind bis zu 80% von nicht-indigenen Einwohnern bevölkert.
  • Artikel 5 besagt, dass Nicht-Indigene, welche von Indios Land im Reservat erworben haben, dieses aufgeben müssen und dafür vom Staat finanziell entschädigt werden. In Wirklichkeit kam diese Passage jedoch selten zur Anwendung, da die indigenen Einwohner nicht die nötigen legalen Mittel ergriffen (weil sie ungenügend informiert wurden oder ihnen davon abgeraten wurde).

Problematisch am Gesetz ist, dass es die ökonomische Unabhängigkeit beschneidet, da innerhalb eines Reservats kein offizieller Landbesitz möglich ist. Dies wurde zwar mit der Idee gemacht, dass das Land bewahrt bleibt. Gleichzeitig erschwert es aber Investitionen, da es für Aussenstehende nicht interessant ist, Geld in etwas hineinfliessen zu lassen, über das man keine Kontrolle hat. Da die indigenen Einwohner aber kaum über Kapital verfügen, können sie so auch keine Ressourcen beschaffen.

Alkoholausschank in Reservaten

Ein interessantes Detail ist zudem, dass in indigenen Reservaten keine Lizenzen zum Ausschank von Alkohol vergeben werden. Dies mag zwar damit begründet worden sein, dass man die Indios vor übermässigem Alkoholkonsum schützen will.  Aber es ist eine inakzeptable Bevormundung dieser spezifischen Volksgruppen. Zudem hat es nachteilige Auswirkungen auf den Tourismus, da auch Restaurants oder Hotels in Reservaten keinen Alkohol ausschenken dürfen. Was immer man von Alkohol halten mag, die Entscheidung über den Ausschank sollten die autochthonen Bewohner selbst treffen können.

Trotz des Gesetzes zum Schutz der indigenen Bevölkerung werden die Ureinwohner Costa Ricas oftmals immer noch als Bürger zweiter Klasse betrachtet. Wenn die Regierung zum Beispiel Bodenschätze oder Wasser privatisieren wird, werden die Gesetze zum Schutz indigenen Bodens plötzlich elatischer... Die Betroffenen werden zudem ungenügend über Einsprachemöglichkeiten informiert. Jahrhunderte nach der ersten Conquista werden die Ureinwohner Costa Ricas also immer noch von der Mestizo-Mehrheit bevormundet.

Indigenene Stämme Costa Ricas

Die Ureinwohner Costa Ricas können prinzipiell in 2 Gruppen eingeteilt werden:

  • die einen Ethnien sind aus dem nördlichen Zentralamerika und Mexiko migriert: Nahua-Ethnie
  • die anderen sind aus dem nördlichen Südamerika nach Panama und Costa Rica übersiedelt: Makro-Chibcha-Ethnie

Indigene Bevölkerung in Costa Rica:

Völker der Makro-Chibcha-Ethnie (aus dem nördlichen Südamerika)

Mehrere Studien legen nahe, dass die Bribri und Cabécar Indios derselben Ethnie entstammen. Sie teilen den Glauben an Sibo als höchste Gottheit und Schöpfer des Universums. Während Teile des Bribri Stammes in Gebieten des Tieflandes von Talamanca heimisch sind, leben die Cabécares zurückgezogen in den Bergen der Cordillera de Talamanca. Durch ihre Isolation sind sie von der westlichen Zivilisation noch weniger beeinflusst worden, als die Bribri.

Cabécares

Es gibt heute ungefähr 10’000 Cabécar Indianer, die ihre Sprache, Naturmedizin und patriarchale Kultur weitgehend bewahrt haben. So heiraten die Caciques (Häuptlinge) des Stammes heute noch mehrere Frauen. Die Frauen müssen übrigens die Zeit der Schwangerschaft und des Stillens isoliert in einer Hütte verbringen, wo sie mit keinen Männern Kontakt haben dürfen.
Von den Cabécares ist ein reicher Korpus an Geschichten und Legenden erhalten geblieben - sowohl auf Spanisch als auch auf der ursprünglichen Cabécar Sprache.

cabecare village, chirripo area
Cabecar Dorf
cabecare woman with child
cabecare woman with child
cabecare woman with child
Beim Cacique zuhause
  • Ort: Südliche Atlantikküste, Provinz von Limón, Chirripó (Pacuare-Tal), Tal des Rio Estrella und das Reservat von Talamanca. Ujarrás de Buenos Aires und China Kichá.
  • Kulturelle Identität: Die Cabécar Indios sind wahrscheinlich die autochthone Gruppe mit der ausgeprägtesten kulturellen Identität in Costa Rica. Die Sprache Cabécar wird auch zur grossen Mehrheit gesprochen und viele beherrschen kein Spanisch. Die traditionellen Bräuche und Traditionen werden intensiv gepflegt und die Clanbeziehungen sind immer noch von hoher Bedeutsamkeit.
  • Landwirtschaft: Anbau von Kaffee, Kakao und Bananen; Vogeljagd und Fischerei

In manchen Gebieten ist es möglich, die einheimischen Cabécar Indios zu besuchen und einen Einblick in ihre traditionelle Lebensweise zu erhalten. Kontaktieren Sie uns für Infos zu einem Ausflug zu den Cabécares.

Bribri

  • Ort: Südlicher Pazifik: Provinz Puntarenas, indigene Reservate von Salitre und Cabagra im Kanton Buenos Aires.
    Südlicher Atlantik: Provinz Limón, indigenes Reservat von Talamanca.
  • Kulturelle Identität: Die Bribri haben ihre ursprüngliche Sprache zum grossen Teil beibehalten und benutzen das lateinische Alphabet mit einigen zusätzlichen Zeichen zur Verschriftlichung.
  • Landwirtschaft: Anbau von Kakao, Bananen, Mais, Bohnen; Schweinezucht, Vogeljagd.
  • Kunsthandwerk: Korbflechten und Herstellung von Musikinstrumenten aus natürlichen Materialen, die im Wald gesammelt werden. Herstellung von Textilien aus Pflanzenfasern und natürlichen Pigmenten. Zur Überquerung des Flusses Sixaola nach Panama werden immer noch Einbäume und Flosse verwendet, die selbst gebaut werden.
bribri schoolchildren
bribri schoolkids

Terrabas (oder Teribes)

Heute gibt es kaum noch Einwohner der Térraba Ethnie in Costa Rica.

  • Ort: Kanton von Buenos Aires im Reservat Boruca-Térraba.
  • Kulturelle Identität: Obwohl die überlebenden Térrabas ihre kulturelle Identität bewahren, ist die Térraba Sprache ausgestorben.
  • Landwirtschaft: Anbau von Mais, Bohnen, Reis, Bananen, Zitrusfrüchten. Heute ist das ursprüngliche Siedlungsgebiet der Térraba vor allem von nicht-indigenen Bewohnern besiedelt.

Borucas (oder Bruncas)

Die autochthonen Borucas leben stets noch in enger Verbindung mit den Traditionen ihrer Vorfahren. Dies sieht man an den lebhaften Legenden, ihren Tänzen und dem Kunsthandwerk. Besonders bekannt sind die Borucas für die “Fiesta de los Diablitos”, ein dreitägiges Fest, das vom 30. Dezember bis zum 2. Januar stattfindet.

Fiesta de los Diablitos: Hier wird künstlerisch nachgestellt, was sich vor Jahrhunderten während der Conquista durch die Spanier abgespielt hat: Als die Spanier an der Pazifikküste Costa Ricas ankamen, zogen sich die Borucas nach wenigen Kämpfen ins Hochland zurück. Während der “Fiesta” werden die Kämpfe zwischen den Ureinwohnern (die Teufel) und den Conquistadores (der Stier) nachgestellt. Die Teufel werden mit den bekannten Holzmasken dargestellt und während der Festlichkeiten werden grosse Mengen von selbstgemachter Chicha konsumiert (Chicha ist eine traditionelles Alkoholgetränk, das aus vergärtem Mais oder Bananen hergestellt wird).

artisan in boruca
pepe, boruca
artisan in boruca
  • Ort: Kanton Buenos Aires. Das indigene Reservat besteht aus mehreren Gemeinden: El Centro de Boruca, Rey Curré, Changuena, Maíz und Bijagua.
  • Kulturelle Identität: Die Borucas sind besonders für ihr geschicktes Kunsthandwerk bekannt, vor allem die Masken welche an der Fiesta de los Diablitos zum Einsatz kommen.
  • Landwirtschaft: Anbau von Getreide, Viehzucht.
  • Baumwolltextilien, natürliche Textilfärbemittel, Herstellung von traditionellen Holzmasken mit Tiermotiven.

Guaymies

Die Guaymie machen den grössten Anteil der indigenen Population Costa Ricas aus. In den 1960ern sind die Guaymies (auch als Ngöbegues bekannt) aus Panama nach Costa Rica emmigriert.

guaymie girl
  • Ort: Südlicher Pazifik, Provinz Puntarenas; Gemeinden von Abrojos im Kanton Corredores, Conteburica im Golfito Canton und Coto Brus.
  • Kulturelle Identität: Die farbigen handgefertigten Trachten werden immer noch von einem Grossteil der Guaymies getragen. Die gängige Sprache ist Guaymí, aber manche Häuptlinge und Funktionäre sprechen auch Spanisch. Seit einigen Jahren werden Projekte zur Alphabetisation in den Guaymie-Gemeinden vermehrt gefördert.
  • Landwirtschaft: Anbau von Kakao, Reis, Bohnen, Mais, Palmöl und Bananen. Jagd, Fischerei, Schweinezucht.
  • Kunsthandwerk: Textilherstellung aus Naturfasern und Färbung derselben mit natürlichen Färbemitteln. Produktion von Matten und Hüten, die aus Baumrinde hergestellt werden.

Völker Mesoamerikanischer oder Nahua-Ethnie

(Uto-Azteken mit Nahuatl als Ur-Sprache)

Guatusos / Malekus

Die Malekus sind heute eine der kleinsten indigenen Gruppen in Costa Rica und haben den kleinsten Landbesitz: 40% der Familien wohnen nicht auf ihrem eigenen Land. Mit 10% ist die Arbeitslosigkeit relativ hoch. Die Malekus werden zudem von Einwanderern in ihrem eigenen Land dominiert: 62% des Maleku-Reservats sind von nicht-indigenen bewohnt. Somit sind hier auch Mischehen zwischen den Ethnien relativ gebräuchlich geworden.

  • Ort: Nördliches Flachland Costa Ricas, Provinz von Alajuela, Kanton von San Rafael de Guatuso.
  • Kulturelle Identität: Neben Spanisch wird Maleku gesprochen. Um die Kultur zu fördern, werden heute an den öffentlichen Schulen beide Sprachen unterrichtet.
  • Landwirtschaft: Anbau von Kakao, Pejibaye, Palmöl; Fischerei.
  • Kunsthandwerk: Herstellung von Tonfiguren, Keramik, Flosse, Pfeile und Bogen aus Holz.

Chorotegas

  • Ort: Provinz Guanacaste, Kanton Hojancha, Reservat Matambú, Dörfer San Vicente, Guaitil und Santa Barbara.
  • Kulturelle Identität: Die Ursprache der Chorotegas wird nicht mehr gesprochen, aber die kulturelle Identität ist noch sehr präsent. Gebräuche und Traditionen werden aufrecht erhalten, wie man an der Herstellung von Töpferwaren und Keramikfiguren erkennen kann.
  • Landwirtschaft: Anbau von Getreide und Gemüse; Bienenzucht
  • Kunsthandwerk: Töpferei und Keramik
indian pottery, costa rica
chorotega man

Huetares

Heute existiert nur noch ein kleiner Teil des Huetare-Volkes.

  • Ort: San José, Kanton Puriscal, Zapatón, Region Cerrito Quepos
  • Kulturelle Identität: Die kulturelle Identität ist zum Grossteil verloren gegangen, auch wenn gewisse Traditionen wie die Fiesta del Maíz weiter bestehen. Das Wissen um die medizinische Verwendung lokaler Pflanzen ist ebenfalls erhalten geblieben. Die Huetares sprechen heute ausschliesslich Spanisch.
  • Landwirtschaft: Der Boden im Gebiet ist relativ unfruchtbar und die Landwirtschaft hat sich deshalb kaum durchgesetzt; Mais ist die einzige Kulturpflanze, welche hier angebaut wird.
  • Kunsthandwerk: Es werden vor allem Gegenstände hergestellt, die aus Palmenblättern oder Pflanzenfasern hergestellt werden. Die Huetares sind zudem Experten im Färben von Textilien mit natürlichen Farben. Kunsthandwerk aus Keramik wird an Strassenständen und in "ferias" (Märkte) verkauft.

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